Psychoanalytische Filmanalyse und Medientheorie

Sommersemester 2025

Seminarleitung: Rainer Gross, August Ruhs, Elisabeth Skale

Termine:
Fr., 14. März, 16:30 bis 20:00 (4AE)
Sa., 29. März, 9:30 bis 13:45 (5 AE)
Sa. 26. April, 13:00 bis 20:00 (8 AE)
Do., 12. Juni, 18:30 bis 22:00 (4 AE)
Do., 26. Juni, 18:30 bis 22:00 (4 AE)

Online-Anmeldung

Ort: Wiener Psychoanalytische Akademie, Salzgries 16/5a, 1010 Wien

Kosten: € 405/€ 310* pro Semester (*Ermäßigung für Studierende des ULG)

Kurzbeschreibung
Vor dem Hintergrund kulturwissenschaftlicher Medientheorien einerseits und psychoanalytischer Sprach- und Zeichentheorien andererseits werden psychoanalytische Methoden und Ansätze in der Filmanalyse ebenso erarbeitet wie die Darstellung der Psychoanalyse im Film. Für die Absolvierung ist eine Seminararbeit im Umfang von 5-10 Seiten erforderlich.

Trotz ihrer gleichzeitigen Entstehung – 1895 erschienen sowohl die „Studien über Hysterie“ als auch die ersten tanzenden Bilder der Brüder Lumière – und obwohl der Traum durch seine Strukturanalogie mit dem Film zu den ersten Sujets im Kino zählte, kam es erst spät zu einer gegenseitigen Anerkennung von Psychoanalyse und Kinematographie. Als im Laufe der 1910er Jahre innerhalb der Freud‘schen Lehre die Wirkung des Bildhaften für die menschliche Subjektentwicklung in den Vordergrund trat und damit ein wissenschaftliches Interesse am filmischen Genre geweckt war, war auch eine zunehmende Psychologisierung des Filmschaffens festzustellen. Das psychoanalytische Kammerspiel „Geheimnisse einer Seele“ aus dem Jahr 1925, das unter der Mitarbeit prominenter Analytiker entstand, gilt in dieser Hinsicht als erstes seriöses Dokument wechselseitiger Beziehungen. Filmtheoretische Positionen aus psychoanalytischer Perspektive bezogen sich zunächst auf identifikatorische Prozesse im Zuschauer (Doppelgängermotiv), auf formale Gestaltungsprinzipien im filmischen Narrativ auf Gleichläufe von Film und Traum und auf den regressiven Aspekt des Kinoerlebnisses durch die Wiederbelebung von Urszenenphantasien und -erfahrungen. Wesentliche Impulse ergaben sich aus nachfolgenden Schulrichtungen mit verschiedenen und spezifischen Schwerpunktsetzungen, wobei die medientheoretischen und repräsentationslogischen Konzepte der strukturalen Psychoanalyse Lacans mit der Unterscheidung zwischen dem Dispositiv Kino und dem filmischen Diskurs weite Verbreitung gefunden haben. Darin inbegriffen sind auch feministische und genderspezifische Ansätze zu einer psychoanalytischen Blicktheorie mit besonderer Berücksichtigung der über den Kinofilm hinausreichenden gegenwärtigen Videokultur.
Ausschnitte aus Filmen und Videos illustrieren die filmästhetischen sowie film- und psychoanalysehistorischen Vortragsteile.

Themenschwerpunkte

  • Psychoanalyse und Kino, Sprachspiele und Lichtspiele: Zwei Dispositive aus dem Geist des ausgehenden 19. Jahrhunderts
  • Traum und Film
  • Psychoanalyse und Imago, das Ich als Doppelgänger
  • Die gegenseitige Annäherung: Die Psychoanalyse geht ins Kino – der Film psychologisiert sich
  • Ansätze zu einer psychoanalytischen Filmtheorie
  • Filmischer Diskurs und kinematographisches Dispositiv
  • Medienkonzepte der strukturalen Psychoanalyse
  • Feministische und genderspezifische Ansätze der Filmtheorie
  • Experimentalfilm und Trickfilm

Einführungs- und Überblicksliteratur
Pflichtlektüre
Ruhs, A. (2006): Film und Freud. In: List, E. (Hrsg.): Freud und die Folgen.
Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit, 6. Jg., Heft 1: 102-116
Zeul, M. (1994): Bilder des Unbewussten. Zur Geschichte der psychoanalytischen Filmtheorie.
Psyche 48, Nr. 11, 975-1003

Weiterführende Literatur
Denzin, N. K. (1995): The Cinematic Society: The Voyeur’s Gaze.
Sage Publications, London, Thousend Oaks, New Delhi
Dervin, D. (1985): Through a Freudian Lens Deeply. A Psychoanalysis of Cinema.
Erlbaum, The Analytic Press, Hillsdale-New Jersey
Glen O. Gabbard, Krin Gabbard: Psychiatry and the Cinema.
American Psychiatric Press, Washington D.C. 1999
Jaspers, K.; W. Unterberger (Hrsg.): Kino im Kopf. Psychologie und Film seit Sigmund Freud.
Bertz& Fischer, Berlin: 53-58
Laszig, P.; Schneider, G. (Hg.): Film und Psychoanalyse. Kinofilme als kulturelle Symptome.
Psychosozial-Verlag, Gießen 2008
Marinelli, L. (2006): Das Kino als Schlafraum. Traumpsychologien und früher Film.
In: T. Ballhausen, G. Krenn, L. Marinelli (Hrsg.): Psyche im Kino. Verlag Filmarchiv Austria, Wien, 13-39
Metz, C. (1971) : Langage et cinema. Larousse, Paris
Metz, C. (1977): Le signifiant imaginaire. Psychanalyse et cinéma. UGE, Paris
Mulvey, L.(1989): Visual and other Pleasures. Macmillan, London
Rose, J. (1996): Sexualität im Feld der Anschauung. Wien, Turia & Kant
Ruhs, A. (1997): Sprachspiele und Lichtspiele. Psychoanalytische Versuche in Kinematographie.
RISS, Zschr. f. Psychoanalyse, Nr. 39/40, 13-43
Ruhs, A. (2008): Aus den Anfängen der Traumfabrik – Urszenen der Kinematographie.
texte. psychoanalyse. ästhetik. kulturkritik. 28.Jg., Heft 2: 36-45
S. Zizek (Hrsg): Ein Triumph des Blicks über das Auge. Turia & Kant, Wien