20 Jahre Wiedereröffnung des Wiener Psychoanalytischen Ambulatoriums
Der Skandal des Zeitlichen - Die Übertragung auf die Institution
Im Oktober 1999 wurde das Ambulatorium der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) wiedereröffnet; Ergebnis des Engagements damaliger KandidatInnen und junger AnalytikerInnen der WPV, aber ebenso der damaligen politischen Situation. Es erschien möglich, an die Tradition des 1922 eröffneten Ambulatoriums anzuknüpfen, das 1938 infolge der Zerschlagung der WPV und ihrer Unterorganisationen sowie der Vertreibung ihrer jüdischen Mitglieder liquidiert wurde.
Seit 20 Jahren bietet das Ambulatorium psychoanalytische Beratungen, Erstgespräche und Behandlungen an, die meistens von den Krankenkassen übernommen werden können. Seit über 10 Jahren bietet das Kinderambulatorium darüber hinaus Beratung und Behandlung für Säuglinge, Kinder und Jugendliche und deren Eltern an. Trotz vollkommen veränderter Rahmenbedingungen, liegt die Hauptaufgabe des Ambulatoriums wie in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts darin, psychoanalytische Behandlungen im weitesten Sinne solchen PatientInnen zu ermöglichen, die aufgrund ihrer sozialen und/oder psychischen Situation den institutionellen Rahmen des Ambulatoriums benötigen.
Die besondere Herausforderung für die MitarbeiterInnen des Ambulatoriums besteht in der Vermittlung zwischen psychoanalytischem Herangehen und institutionellen Anforderungen: Die Psychoanalyse als Behandlungsmethode, die über Symptombeseitigung hinausgeht verkörpert in einer Zeit, in der Symptome immer isolierter diagnostiziert und schnell beseitigt werden sollen, denSkandal des Zeitlichen: Kein Symptom ist isoliert vom Subjekt, das es erleidet, und das Verstehen der unbewussten Gründe benötigt einen je individuellen Zeitraum, der sich nicht von gesetzlichen und ökonomischen Vorgaben beeinflussen lässt. Gleichzeitig ist das Ambulatorium als Institution solchen Vorgaben unterworfen und seine MitarbeiterInnen müssen die sich daraus ergebenden Grenzen reflektieren: In der Übertragung auf die Institution erfahren PatientInnen wie MitarbeiterInnen einen einschränkenden, aber auch haltgebenden Rahmen, in dem schwierige Situationen und Dynamiken bearbeitet werden können und müssen.
Psychoanalyse bewegt sich, der notwendigen „splendid isolation“ im Behandlungszimmer zum Trotz, immer im Zeitlichen. 20 Jahre nach der Wiedereröffnung des Wiener Psychoanalytischen Ambulatoriums möchten wir diese Fragen mit einem Festvortrag und einer Arbeitstagung von der Gegenwart aus stellen.
Programm
Freitag, 11. Oktober 2019
19:30 Uhr: Festvortrag – Eintritt frei, keine Anmeldung erforderlich
Der Skandal des Zeitlichen
Vera King, Frankfurt/Main
Begrüßung: Hemma Rössler-Schülein
Grußwort: Stadtrat Peter Hacker (angefr.)
Einführung und Moderation: Christine Diercks
Anschließend kleiner Empfang mit Wein und Käse
Samstag, 12. Oktober 2019
9.30 – 13.30 Uhr: Arbeitstagung – Unkostenbeitrag 35 Euro, Anmeldung erforderlich
Die Übertragung auf die Institution
9.30 – 10..45 Uhr:
Begrüßung, Einführung ins Tagungsthema: Martin Skritek
Tjark Kunstreich: Zeitlichkeit und Übertragung. Zur Geschichte des Wiener Psychoanalytischen Ambulatoriums
11.15 – 13.30:
Sabine Götz: Im Ambulatorium. Übertragung und Institution
Sabine Fiala-Preinsperger: Den Moment einfangen. Psychoanalytische Begegnungen mit Kindern und ihren Eltern
Moderation: Kornelia Steinhardt
Folder (pdf)
Anmeldung zur Arbeitstagung
Veranstaltet vom Wiener Psychoanalytischen Ambulatorium in Kooperation mit der Wiener Psychoanalytischen Akademie