Freud - Der Online-Zyklus (1. Semester)

In vier Semestern mit je 10 ZOOM-Vorlesungen widmet sich die Wiener Psychoanalytische Akademie dem Werk Sigmund Freuds. Die von ihm geschaffenen Grundlagen bilden immer noch das Fundament der Psychoanalyse – seine Theorie des Menschen machte ihn darüber hinaus zu einem der prägendsten Denker des 20. Jahrhunderts.
Dieser Zyklus ist ein Pflichttermin für alle, die in das Wirken des Begründers der Psychoanalyse eintauchen und dabei auch gesellschaftliche Kontexte im Blick behalten wollen.
Auf vielfache Nachfrage gibt es den FREUD Zyklus nun erstmals in einer Online-Variante.
Die Termine für die folgenden Semester werden jeweils ca. 2 Monate vor Semesterstart bekanntgegeben.

Preise:
Paketpreis für 4 Semester: EUR 890,00
Reduzierter Paketpreis für 4 Semester: EUR 530,00
Preis Einzelsemester: EUR 290,00
Reduzierter Preis Einzelsemester: EUR 175,00

Semester 1: Die Entwicklung der Psychoanalyse

1. Vorlesung: 03. Oktober 2025, 17:00-18:30 (Sabine Schlüter)
Einführung

Wien, Ende des 19. Jahrhunderts: In der Atmosphäre des fin de siècle entwickelt der Neurologe Sigmund Freud eine Methode zur Untersuchung der Psyche. Unorthodox ist seine Herangehensweise an die damals weitverbreitete Hysterie, unkonventionell sein Zugang zu psychischen Störungen. Doch die Psychoanalyse ist nicht nur Therapie individueller Schwierigkeiten, sondern gleichzeitig eine Antwort auf die gesellschaftlichen Probleme der westlichen Kultur jener Zeit. Welche geistigen Strömungen beeinflussen ihre Entwicklung? In welcher historischen und politischen Situation entsteht sie? Wie wird damals überhaupt über psychische Erkrankungen gedacht? Und – wie lebt Sigmund Freud in seinem Wien?

2. Vorlesung: 10. Oktober 2025, 17:00-18:30 (Sabine Schlüter)
Ein neues Verständnis der Hysterie

Freud erkennt, dass seelische Konflikte die Ursache der Hysterie sind: Die Kranken setzen sich gegen eine un(v)erträgliche Vorstellung zur Wehr – ohne sich dessen bewusst zu sein. Offenbar gibt es so etwas wie unbewusste psychische Vorgänge. Wie gelangt Freud zu dieser Erkenntnis? Spielen zeitgenössische Theorien dabei eine Rolle? Und: Verhält es sich mit anderen psychischen Erkrankungen ebenso wie mit der Hysterie?

Behandelte Texte:
· Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene (1893a)
· Die Abwehr-Neuropsychosen (1894a)
· Studien über Hysterie (1895d)
· Weitere Bemerkungen über die Abwehr-Neuropsychosen (1896b)
· Briefe an Wilhelm Fließ, Manuskript H

3. Vorlesung: 17. Oktober 2025, 17:00-18:30 (Sabine Schlüter)
Von der Katharsis zur freien Assoziation

Sigmund Freud orientiert sich an der „kathartischen Methode“ seines Freundes Josef Breuer. Doch schon bald stößt er an deren Grenzen – und ist gezwungen, eine neue Methode zu entwickeln. Welche Hindernisse stellen sich ihm entgegen? Wie bringt er seine Patient:innen dazu, sich an verdrängte Ereignisse zu erinnern? Welches sind die traumatischen Ereignisse, auf die er stößt? Und – was hat all das mit Sexualität zu tun?!

Behandelte Texte:
· Über die Berechtigung, von der Neurasthenie einen bestimmten Symptomenkomplex als ‚Angstneurose‘ abzutrennen (1895b)
· Studien über Hysterie (1895d)
· Zur Ätiologie der Hysterie (1906c)

4. Vorlesung: 14. November 2025, 17:00-18:30 (Franz Oberlehner)
Die Verführung(stheorie): Phantasie und Realität

Freud glaubt, das Geheimnis der Hysterie entschlüsselt zu haben: Die Ursache ist sexueller Missbrauch, der in der Kindheit vorgefallen ist. Diese These bringt ihm Unglauben und Spott ein. Was – im wahrsten Sinne des Wortes – denkt er sich dabei? Und was denken die anderen über ihn? Warum lässt er seine Überzeugung schließlich fallen? Und warum ist das komplizierte Verhältnis zwischen Realität und Phantasie, das er dadurch erkennt, so eminent wichtig für das Verständnis der menschlichen Psyche?

Behandelte Texte:
· Zur Ätiologie der Hysterie (1906c)
· Meine Ansichten über die Rolle der Sexualität in der Ätiologie der Neurosen (1906a)

5. Vorlesung: 21. November 2025, 17:00-18:30 (Andreas Mittermayr)
Vom Sinn der Träume

Apropos Phantasie: Freud beginnt, sich mit Träumen zu beschäftigen – seinen eigenen und den seiner Patient:innen – und wendet die neu gefundene Methode der freien Assoziation auf sie an. Auf diese Weise erkennt er, wie grundsätzlich Träume von unseren Wünschen beherrscht sind. Was findet Freud über den Traum heraus? Was träumt er – und was bedeutet es? Und wie lässt sich der Sinn eines Traums erschließen?

Behandelte Texte:
· Die Traumdeutung (1900a)
· Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, Vorl. 5–15 (1916–17a)

6. Vorlesung: 28. November 2025, 17:00-18:30 (Sabine Schlüter)
Entstellung und Traumarbeit

Durch das Deuten von Träumen wird Freud mit typischen Manövern vertraut, die der Traum verwendet, um seinen Sinn vor uns zu verhüllen: Der Begriff der Traumarbeit ist geboren. Doch was Freud entdeckt und beschreibt, ist nichts anderes als die Arbeitsweise des Unbewussten. Wie funktioniert das Unbewusste? Welche Methoden wendet es an? Wie kann man sie entschlüsseln? Und welche Rolle spielen Entstellung, Verkleidung und Zensur dabei?

Behandelte Texte:
· Die Traumdeutung (1900a)
· Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, Vorl. 5–15 (1916–17a)

7. Vorlesung: 05. Dezember 2025, 17:00-18:30 (Sabine Schlüter)
Der Traum und die Topik

Freud gibt sich nicht damit zufrieden, Träume zu deuten. Als Systematiker, der er ist, denkt er auch darüber nach, was der Traum uns über das grundlegende Funktionieren der Psyche verrät – und entwickelt eine Theorie des „psychischen Apparats“. Wie gelangt Freud vom Traum zu dieser Theorie? Und weshalb sind der Traum und seine Deutung unverzichtbar für die Psychoanalyse?

Behandelte Texte:
· Die Traumdeutung, Kap. 7
· Nachträge zur Traumdeutung (1911a)
· Metapsychologische Ergänzung zur Traumlehre (1916–17f)
· Revision der Traumlehre (29. VO, 1933a)
· Notiz über den Wunderblock (1925a)

8. Vorlesung: 12. Dezember 2025, 17:00-18:30 (Andreas Mittermayr)
Innere und äußere Realität

Um seine Theorien zu konzipieren, bedient Freud sich ungezwungen literarischer Texte von der Antike bis zur Gegenwart. Die Literatur ist ihm unerschöpflicher Fundus, dient als Quelle der Inspiration ebenso wie als Illustration (oder Beleg) seiner Thesen. Die Dichter sind ihm „wertvolle Bundesgenossen“. Die Beschäftigung mit literarischer Schöpfung bereitet aber auch Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen unserer Innenwelt und der Außenwelt, d.h. über das Lustprinzip und über das Realitätsprinzip, vor. Wie entwickeln sich beide und wie sind sie miteinander verknüpft? Wie entsteht das Denken? Und welchen Stellenwert hat die Phantasie in unserem psychischen Leben? Ist sie Hüterin unserer seelischen Gesundheit oder fördert sie unser neurotisches Elend?

Behandelte Texte:
· Der Dichter und das Phantasieren (1908e)
· Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Geschehens (1911b)

9. Vorlesung: 16. Jänner 2026, 17:00-18:30 (Franz Oberlehner)
Traum + Hysterie = Übertragung

Im Jahr 1901 behandelt Freud die 19-jährige „Dora“ und wendet dabei die Erkenntnisse der Traumdeutung an. Dora bricht die Analyse nach einigen Monaten zwar ab, hinterlässt Freud aber unschätzbare Einsichten – so erforscht er beispielsweise den ödipalen Konflikt, konzipiert die Hysterie neu und erkennt das Phänomen der Übertragung. Doch was ist „Übertragung“ und was ein ödipaler Konflikt? Was haben beide miteinander zu tun? Welche neuen Erkenntnisse hat Freud bezüglich der Hysterie? Und warum sind die Traumdeutung und das konkrete, gesprochene Wort so wichtig?

Behandelte Texte:
· Bruchstück einer Hysterie-Analyse (1905e)
· Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Bisexualität (1908a)
· Allgemeines über den hysterischen Anfall (1909a)
· Die psychogene Sehstörung in psychoanalytischer Auffassung (1910i)

10. Vorlesung: 23. Jänner 2026, 17:00-18:30 (Sabine Schlüter)
Das Unbewusste im Alltag

Die Wirkungen des Unbewussten sind nicht nur verblüffend und irritierend, sondern mitunter auch höchst amüsant. Zum Glück beschränkt es sich nicht auf den Behandlungsraum, sondern ist unser steter Begleiter im Alltag. Der „Freud’sche Versprecher“ ist nur eine Möglichkeit, das Wirken des Unbewussten zu beobachten. Was hat es mit Erinnerungstäuschungen, Irrtümern und Missgeschicken auf sich? Was hat der Humor mit dem Unbewussten zu tun? Und warum finden wir Witze eigentlich lustig?

Behandelte Texte:
· Über Deckerinnerungen (1899a)
· Psychopathologie des Alltagslebens (1901b)
· Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten (1905c)
 

Lehrende

Andreas Mittermayr, MMag. MA
ist Psychoanalytiker und Lehranalytiker (WPV/IPA), dzt. stv. Vorsitzender der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, Co-Departmentleiter für Theorie und Wissenschaft der Wiener Psychoanalytischen Akademie; Herausgeber für Österreich der Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis (ZpTP) (Klostermann); Lehrtätigkeit in WPV und WPAk, rege Vortrags- und Publikationstätigkeit, zuletzt: Die Kreativität des Unbewussten (Hg. zus. mit S. Zwettler-Otte), Psychosozial, 2024; In Kafkas Haut, ZpTP 3/2024; Der Exzess der Interpretation, texte 2025 (im Druck).

Franz Oberlehner, Dr.
Ist klinischer Psychologe, Psychoanalytiker und IPV-Lehranalytiker im Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse (von 2013 bis 2015 Leitung der Ausbildungskommission). In der Wiener Psychoanalytischen Akademie unterrichtet er als Lehrtherapeut und Supervisor für Psychoanalytisch orientierten Psychotherapie (PoP) und zu kulturtheoretischen und sozialpsychologischen Themen. Letzte Veröffentlichungen: Körperaugmentierung und Wirklichkeitssinn (in: Grabska et al.: Virtuelle Berührung – zersplitternde Realität. Zur Psychoanalyse von Digitalisierung und Internetkultur. Psychosozial, 2023); Gibt es die Normalpsychose? (Sigmund-Freud-Vorlesungen, 2023); Vertauschung von Subjektivem und Objektivem als Kern des Narzissmus-Konzeptes (ZpTP 2/2024).

Sabine Schlüter, Mag.
ist Historikerin, Psychoanalytikerin und Lehranalytikerin (WAP/IPA) und seit 2023 Mitglied der Ausbildungskommission, Co-Departmentleiterin für Theorie und Wissenschaft der Wiener Psychoanalytischen Akademie. Lehrtätigkeit in WAP und WPAk, rege Vortrags- und Publikationstätigkeit, zuletzt: Macht. Sigmund-Freud-Vorlesungen 2024 (Hg. zus. mit R. Gross), Brandes & Apsel, 2025.

Semester 2: (Psycho-)Sexualität und Liebesleben
Semester 3: Fallgeschichten, klinische Theorien und Metapsychologie
Semester 4: Umwälzungen der Theorie

Ort:
online per Zoom

Zeit:
jeweils 17:00 - 18:30